Kannst dir nicht ausdenken, da musst du Pflichtbeiträge von bis zu 1500€ pro Monat zahlen für nen Versorgungswerk und dann wird komplett Verantwortungslos das Vermögen Verzockt. Und was danach folgt ist mal wieder die klassische Verantwortungsdiffusion
Das Versorgungswerk der Berliner Zahnärztekammer (VZB) rechnet aktuell mit einem Verlust in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Das teilte Thomas Schieritz, der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses des VZB, der Redaktion rbb24 Recherche auf Anfrage mit.
Dabei handele es sich um "vorläufige Schätzungen. Das abschließende Ergebnis wird voraussichtlich im ersten Quartal 2026 vorliegen". Damit hätte sich das Anlagevermögen, von einst mehr als zwei Milliarden Euro nahezu halbiert.
Das VZB ist für die Altersversorgung von rund 10.000 Zahnärzten in Berlin, Brandenburg und Bremen zuständig. Ein Teil von ihnen hat sich jetzt hilfesuchend an Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) gewandt.
Zahnärzte warnen von "Systemkollaps"
Der Duktus des Schreibens, das rbb 24 Recherche vorliegt, ist dramatisch. "Eindringlich" wird die Ministerin "ersucht", die Kontrolle über das in finanzielle Schieflage geratene Versorgungswerk zu übernehmen. Außerdem brauche es dringend ein "Sondervermögen des Bundes", um den "eingetretenen Schaden auszugleichen und die Funktionsfähigkeit der Einrichtungen dauerhaft sicherzustellen".
Des weiteren ist von "Systemkollaps" die Rede. Wenn die Altersversorgung Tausender Zahnärzte nicht vom Bund gesichert werde, drohten "massive Abwanderungsbewegungen insbesondere junger Zahnärztinnen und Zahnärzte". Damit, so heißt es weiter, "stünde die Sicherstellung der ambulanten Versorgung ernsthaft infrage".
Das Schreiben wurde von Zahnärzten initiiert, die sich "WEU. WirEngagierenUns" nennen. Die Mitglieder des Versorgungswerks werden aufgefordert, sich ebenfalls per Mail an das Bundesgesundheitsministerium zu wenden.
Zahnärzte in großen Nöten
Rund 10.000 Zahnärzte zahlen Monat für Monat einen Pflichtbeitrag von bis zu 1.500 Euro in die Kasse des Versorgungswerks ein. Als Angehörige eines sogenannten Kammerberufs gehören sie nicht zum System der gesetzlichen Rentenversicherung.
Über Jahrzehnte sorgten die Erträge der VZB-Anlagen für eine gute Altersversorgung der Zahnärzte. Doch weil die Rendite immer schmaler wurde, begannen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses - allesamt im Hautberuf als Zahnärzte tätig - offenbar spätestens seit 2018 mit riskanteren Anlagestrategien zu hantieren. Das belegen Dokumente, die rbb24 Recherche vorliegen. Investiert wurde auch in Spezial-Immobilien wie Ferien-Resorts auf Ibiza, Hotelprojekte und Digital-Versicherer.
Im Januar 2025 trennte sich der Verwaltungsausschuss des VZB von seinem hauptamtlichen Verwaltungsdirektor. Im April 2025 wurde dann der Verwaltungsausschuss, der für die Anlagestrategie zuständig ist, neu gewählt. Nach einer Bestandsaufnahme kamen die neuen Mitglieder zu der Überzeugung, dass es enorme Verluste gegeben haben soll.
"Diese Anlagepraxis war unzulässig, unvernünftig und strukturell fehlgesteuert", schreibt auf Anfrage des rbb der neue Vorsitzende des Verwaltungsausschusses, Thomas Schieritz. Nach seiner Auffassung widersprach ein Teil der Investments sowohl den VZB-Richtlinien als auch Landes- und Bundesrecht. Außerdem soll es "über einen langen Zeitraum […] keine verlässliche Bewertung der Anlagen" gegeben haben. "Ein Versorgungswerk soll und darf sein Geld so nicht anlegen, wie es angelegt wurde."
Ermittlungserfahren eingeleitet
Welche Verantwortung die Mitglieder des alten Verwaltungsausschusses tragen, ist derzeit noch unklar.
Rechtsanwalt Mirko Röder, Verteidiger des ehemaligen Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses, Ingo Rellermeier, erklärt dazu: "Welche Verluste wann entstanden und durch wen zu verantworten sind, bleibt dem Ergebnis der Ermittlungen vorbehalten. In jedem Falle gilt die Unschuldsvermutung."
Nach Informationen von rbb24 Recherche hat die Generalstaatsanwaltschaft gegen mehrere ehemalige Mitglieder des Verwaltungsausschusses ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung und Beihilfe eingeleitet. "Zum Schutz der Ermittlungen kann derzeit keine weitere Auskunft erteilt werden", teilt die Pressestelle der Generalstaatsanwaltschaft auf rbb-Anfrage mit.
War die zuständige Fachaufsicht tätig?
Das Versorgungswerk ist selbstverwaltet, das heißt letztlich, die Zahnärzte müssen selbst dafür Sorge tragen, dass und wie sie ihre Altersversorgung absichern. Aber sie unterliegen auch der staatlichen Aufsicht. In Berlin ist dafür die Senatsverwaltung für Wirtschaft zuständig. Auf eine Anfrage des rbb, ob und wie die Senatsverwaltung ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen ist, antwortet die Pressestelle, dass man "einer umfassenden gesetzlichen Schweigeverpflichtung" unterliege. Und weiter: "Zu Ihren Fragen bzgl. konkret ergriffener Maßnahmen bei einem einzelnen Beaufsichtigten kann daher leider keine Auskunft gegeben werden."
Ohne auf die Situation des VZB direkt einzugehen, räumt die Pressestelle in ihrer Antwort ein, dass das Investitionsumfeld für Versicherer und Versorgungswerke seit Jahren immer schwieriger geworden sei. "Deutschlandweit mussten Versorgungswerke daher auf risikobehaftete Anlageprodukte umsteigen […]". Die Versorgungswerke würden jedoch ihre Gelder "nach vorgegebenen Grundsätzen" anlegen und investieren.